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Fürsorgepflicht ernstnehmen - Lehrkräftegesundheit stärken

  • Resilienz hat Grenzen, Verhältnisse verbessern
  • Gesundheitsschutz nicht nur auf dem Papier
  • Klare Kante bei Gewalt gegen Lehrkräfte und schulisches Personal

Ständige Erreichbarkeit, Termindruck und fachliches und soziales Multitasking: Unser Alltag am Gymnasium, an der Gesamtschule und am Weiterbildungskolleg kostet immense Kraft. Sich ausgepresst zu fühlen wie eine Zitrone, das ist die Grundbefindlichkeit vieler Kolleginnen und Kollegen, nicht erst vor den Ferien. Viele gehen gerade an den von uns vertretenen Schulformen über ihre Grenzen, nehmen sich nicht die Pausen, die sie brauchen, erscheinen auch krank beim Dienst (Präsentismus), weil sie wissen, dass die so entstandene Lücke durch ebenfalls am Limit arbeitende Kolleginnen und Kollegen gefüllt werden müsste und Schülerinnen und Schüler ihre vertrauten Kurs- und Fachlehrer zum Lernen brauchen.

Die langfristigen Folgen dieser zermürbenden Mixtur aus dienstlichem Hochdruck und pädagogischer Hingabe sind für die Betroffenen und ihre Kollegien oft fatal: Fluchtgedanken, Rückzug in schwere Erschöpfung, Burnout und langfristige Erkrankung sind immer häufiger Gegenstand von Beratungsgesprächen mit Personalräten. So darf es nicht weitergehen. Wir Lehrkräfte benötigen jetzt die Fürsorge unseres Dienstherrn dringender denn je. Er ist in der Pflicht, unsere Gesundheit zu stärken und Bedingungen für eine dauerhafte Ausübung unseres Lehrerberufs unter erschwerten Bedingungen zu schaffen.

Gern wird vom Dienstherrn die Verantwortung für die Lehrkräftegesundheit den Betroffenen selbst zugeschoben: Lehrkräfte sollen „resilient“ sein, heißt es, sie müssten sich nur selbst besser „managen“ lernen. Ob derartige salutogenetische Mythen aus Unwillen oder aus Unkenntnis gestreut werden: Wer allein die Verantwortung bei den Lehrkräften sieht, gerät allzu leicht in den Verdacht, sich der Verantwortung zu entziehen. Diese ist gesetzlich klar umrissen und erschöpft sich nicht im allgemeinen Begriff der Fürsorge, sondern muss in konkreten Maßnahmen Gestalt annehmen.

Die Gesundheit einer Lehrkraft ist vielleicht abhängig von ihrem Verhalten, in jedem Fall aber von den Verhältnissen, in denen sie arbeitet. Diese gilt es zeitnah und nachhaltig zu verbessern: Im Falle der Gymnasien und Gesamtschulen kann dies nur durch Absenkung des Stundendeputats, bessere Personalausstattung und wirksamen Schutz vor ständiger Inanspruchnahme durch fordernde Eltern, Schülerinnen und Schüler und Vorgesetzte erreicht werden.

Klare Kante des Dienstherrn fordern wir auch beim Thema Gewalt gegen Lehrkräfte. Wir fordern eine Null- Toleranz-Politik unseres Dienstherrn, der sich konsequent und schützend vor seine Lehrkräfte stellen sollte. Zu einem wirksamen Schutzkonzept gehört es auch, „Gewalt“ in allen ihren Ausprägungen und Formen schulintern zu enttabuisieren. Die Schulaufsicht ist in die Pflicht zu nehmen, die Last der Verantwortung bei der Ahndung und Aufarbeitung von Gewaltvorfällen von den Schultern der betroffenen Kolleginnen und Kollegen und Schulleitungen zu nehmen.